Mittwochgespräch: Im Missbrauchsstrudel gefangen – Sexueller Missbrauch im Raum der Kirche: Täter, Opfer und Strukturen

22. September 2021, 18:00 Uhr bis 19:30 Uhr

Prof. Dr. Wolfgang Reuter, Düsseldorf

 

Trotz aller Bemühungen der vergangenen 10 Jahre, wie Prävention, Intervention, Anerkennungsleistungen, gemeinsame Erklärungen, juristische Gutachten … ,  kann sich die katholische Kirche nur schwer aus dem Missbrauchsstrudel befreien, in dem sie gefangen ist. Missbrauch in der Gestalt sexualisierter Gewalt, wie auch als Machtmissbrauch und geistlicher Missbrauch, treten immer wieder neu zu Tage. Bei den Opfern führt dies zu schweren Traumatisierungen.  Dafür tragen neben den Tätern auch die Vertreter des ermöglichenden Systems die Verantwortung.  Aus dieser Überzeugung leitet Dr. Wolfgang Reuter seine These ab, dass die Kirche als System in ihrer derzeitigen Gestalt ein traumaförderliches Milieu darstellt. Sie ist ein (Ermöglichungs-) Raum von Grenzüberschreitungen, in dem sich die Vernichtung des Anderen als sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch ereignet.  Auf Grund dieser systemischen Verstrickung reicht eine juristisch fokussierte Feststellung  von Pflichtverletzungen oder Pflichterfüllung zur Aufarbeitung des Missbrauchsstrudels nicht aus. Auch die alleinige  Fokussierung auf die Opfer-Täter-Dynamik greift zu kurz. Vielmehr gilt es, die Missbrauchskrise in ihren komplexen systemischen Zusammenhängen zu verstehen. Aus diesem Grunde richtet sich der aufdeckende Blick dieses „mittwochgespräches“ auf den Zusammenhang von Tätern, Opfern und Strukturen. Es geht darum, anstelle der Vernichtung des Anderen im traumatischen Milieu der Kirche die Aufrichtung des Anderen zu fördern und so dem Missbrauchsstrudel zu entrinnen. Dazu ist es erforderlich, missbrauchsförderliche Machtstrukturen in der Kirche und in der Seelsorge, wie auch theologisch fundierte Idealbildungen im Selbstbild von Kirche und Seelsorgern zu benennen. Dies ist die Voraussetzung zur dringend erforderlichen, evangeliengemäßen Veränderung kirchliche Praxis und Strukturen.   

 

Dr. Wolfgang Reuter, Jahrgang 1955, studierte Katholische Theologie in Bonn und Würzburg und wurde 1983 zum Priester geweiht. 1990 wurde er Krankenhauspfarrer und Leiter der Klinikseelsorge an den Rheinischen Kliniken und Kliniken der Heinrich-Heine-Universität. Nach einer psychoanalytischen Ausbildung in der Gesellschaft für Psychoanalyse und Psychotherapie erfolgte 1999 die Anerkennung als Psychoanalytiker und 2003 die Promotion. Seit 2006 ist er Koordinator in der Behindertenseelsorge für die Region Düsseldorf/Rhein-Kreis Neuss. 2011/2012 begann er die Lehrtätigkeit als Privatdozent für Pastoraltheologie an der PTH Vallendar, wo er von 2012 bis 2014 den Lehrstuhl für Pastoralpsychologie vertrat, den er als Professor im Sommersemester 2014 übernahm. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind pastoralpsychologische Kompetenzentwicklung, wissenschaftstheoretische Grundlegung in multidisziplinärer Offenheit, Grundlagen heilsam-relationaler Seelsorge, Seelsorge im Sozial- und Gesundheitswesen, Seelsorge und Psychotherapie, Theologie im Dialog mit Psychoanalyse und weiteren psychologischen Schulen, Pastoralpsychologie als Teilgebiet und Grunddimension der Praktischen Theologie und Projekt: pastoralpsychologische Ästhetik. 

 

3 Euro

Für die Teilnahme an der Veranstaltung gilt die 3G-Regel.


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